GÜTERRECHT

Dr. Andrea Chiara Brandani

Rechtsanwältin & Mediatorin

FAMILIENRECHT
GÜTERRECHT

  Güterrecht

Der Begriff Güterrecht kennzeichnet das Schicksal des Vermögens, das die Eheleute in der Ehe erwerben.

Zur Auswahl stehen
  • Gütertrennung
  • Zugewinngemeinschaft
  • Gütergemeinschaft
  • deutsch-französischer Wahlgüterstand
Am verbreitesten ist die Zugewinngemeinschaft. Sie entsteht kraft Gesetz mit der Eheschließung. Die übrigen Formen erfordern einen speziellen notariellen Ehevertrag, der auch nach der Heirat möglich ist. Hierbei ist die Gütertrennung der häufigste Fall. Sie wird vor allem bei Selbständigen und Unternehmern noch als der "Königsweg" zur Sicherung des Betriebes und der eigenen Altersvorsorge gehandelt. Die Gütergemeinschaft hingegen ist ein kompliziertes und selbst für Juristen undurchsichtiges Gebilde mit bis zu 5 Vermögensmassen pro Ehepaar. Auch wegen steuerlicher Unwägbarkeiten wird sie selten gewählt. Seit 2013 ist schließlich der deutsch-französische Wahlgüterstand möglich, auch für Deutsche, die in Deutschland leben. Es ist eine Mischung zwischen der deutschen Zugewinn- und der französischen Errungenschaftsgemeinschaft. Vorteile bietet er vor allem für Ehen mit Bezug zu Frankreich, insbes. mit Immobilien in Frankreich.
 Wie gewonnen, so zerronnen -
  die Zugewinngemeinschaft

Sie entsteht durch Eheschließung, wenn die Eheleute nicht ausdrücklich Gütertrennung, Gütergemeinschaft oder den deutsch-französischen Güterstand gewählt haben. Sie soll bewirken, dass jeder Ehegatte von dem in der Ehe hinzu gewonnenen Vermögen gleich viel erhält. Zugewinngemeinschaft heißt nicht automatisch, das am Ende der Ehe vorhandene Vermögen zu teilen.

Die Berechnung des Zugewinns erfolgt durch zwei fixe Stichtage. Der erste ist der Tag der Eheschließung. Das Vermögen jedes Ehegatten an diesem Tag ist ihr bzw. sein Anfangsvermögen. Der zweite ist der Tag, an dem ein Ehegatte den Scheidungsantrag des anderen zugestellt erhält. Das Vermögen der Ehefrau und des Ehemannes an diesem Tag ist ihr bzw. sein Endvermögen.

Ist das Endvermögen eines Ehegatten höher als sein Anfangsvermögen, hat derjenige Ehegatte einen Zugewinn.

Dann wird der Zugewinn beider Eheleute direkt miteinander vergleichen.

Der mit dem höheren Zugewinn muss dem anderen die Hälfte der Differenz zahlen.


Um Vemögensverschiebungen zwischen der Trennung und dem Zugang des Scheidungsantrag aufzudecken, gibt es einen dritten Stichtag, den Trennungstag. Hat sich das Vermögen eines Ehegatten zwischen der Trennung und dem Zugang des Scheidungsantrages vermindert, besteht die gesetzliche Vemutung, dass der Ehegatte sein Vermögen bewusst zum Nachteil des anderen verringert hat. Er muss dann einen sachlichen Grund für die Verringerung liefern. Kann er dies nicht, wird er so behandelt, als hätte er noch das gleiche Vermögen wie am Tag der Trennung.

Stolperfallen beim Zugewinnausgleich

Bei der Ermittlung des Anfangs- und Endvermögens sind vor allem noch drei Dinge zu beachten:

1. Kaufkraftschwund
Alles wird teurer oder anders formuliert: die Kaufkraft unseres Geldes sinkt. Um das Anfangs- und Endvermögen richtig vergleichen zu können, muss das Anfangsvermögen folgich der Kaufkraft beim Ehezeitende angepasst werden. Hierzu bedient man sich derIndexierungswerte,die das Statistische Bundesamt unter www.destatis.de jeden Monat veröffentlicht.

indexiertes Anfangsvermögen =

Anfangsvermögen x Index Ehezeitende
Index Ehebeginn       


Beispiel: Die Ehefrau besaß bei Eheschließung am 1.9.2011 20.000 €. Der Scheidungsantrag ging ihr am 15.12.2018 zu. Der Indexwert für November 2011 beträgtt 100.3, der Indexwert für Dezember 2018 112.5. Ihr Anfangsvermögen beträgt somit für die Berechnung des Zugewinns 22.432 € (20.000 € x 112.5 ./. 100.3). Die 20.000 € der Ehefrau in 2011 hatten die gleiche Kaufkraft wie heute 22.432 €.


Indexwerte
2. Erbschaften und Schenkungen

Die Substanz der Erbschaft oder vorweggenommene Schenkungen von Eltern oder Verwandten während der Ehe fallen nicht in den Zugewinnausgleich. Wohl aber der Wertzuwachs.

Gesetzestechnisch wird die Erbschaft dabei zum Anfangsvermögen addiert. Man tut also so, als sei die Erbschaft schon vor der Eheschließung erfolgt. Dabei wird der Wert wieder indexiert, und zwar mit dem Indexwert zum Zeitpunkt der Zuwendung oder des Erbes.

Beispiel: Die Eheleute heiraten im März 1995. Der Ehemann besaß hier Aktien im Wert von 5.000 €. Im Januar 1999 erhielt er von seinen Eltern als vorweggenommenes Erbe eine Wohnung im Wert von damals 100.000 €. Am 18.8.2018 erreicht ihn der Scheidungsantrag seiner Frau.
Der Verbraucherpreisindex für März 1995 beträgt 80.3, für Januar 1999 83.9 und für August 2018 111,7.
Das Anfangsvermögen des Ehemannes beträgt damit indexiert 6955 € für die Aktien (5.000 x 111,7 ./. 80,3). Für die Schenkung kommen 133.134 € hinzu (100.000 x 111,7 ./. 83,9).
Sein Anfangsvermögen für die Zugewinnberechnung ist 140.089 €, obwohl sich die tatsächlichen Beträge nur auf 105.000 € beliefen.


3. Verschwendung
Spätestens ab dem Zeitpunkt der Trennung sinkt rapide die Bereitschaft, das während der Ehe Ersparte mit dem anderen zu teilen. Ist man dann noch in Kenntnis darüber, dass es für die Berechnung des Zugewinns primär auf das Vermögen bei Zustellung des Scheidungsantrages ankommt, werden die Eheleute aktiv. Der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Maßgeschneiderte Anzüge, Luxusreisen, Spielbankbesuche, aufwändige Sanierung des Gebisses, Schönheitsoperationen, Geschenke und Unterhalt für Freunde und Verwandte oder die Rückzahlung von angeblichen Darlehen an selbige, Spenden oder sogar das Verbrennen von Geld.      

Wann eine Ausgabe eine Benachteiligung darstellt, d.h. das ausgegebene Geld dem Endvermögen wieder zurgerechnet wird, lässt sich nicht allgemein sagen. Es kommt immer auf den Lebenstil während der Ehe und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an. Reisten die Eheleute schon zusammen viel und und aufwändig, ist gegen eine Luxusreise des Verlassenen auch i.H.v. 8.000 € nichts einzuwenden. Schenkt man jedoch seiner Haushaltsangestellten einen Neuwagen, hat das nicht nur ein steuer- und sozialversicherungsrechtliches Nachspiel, sondern wird der Betrag für den PKW dem Endvermögen auch wieder zugerechnet. Der Casinobesuch indiziert nicht zwingend eine Verschwendungsabsicht. So dient er auch der Unterhaltung und dem Verlustrisiko steht eine Gewinnchance gegenüber. Es kommt auf das Einkommen und Vermögen und den eingesetzten Betrag an.

Das hört sich komplizierter an als es ist

Beispiel:
Frau Clever und Herr Reich heiraten am 2.5.2005. Herr Reich besitzt eine Wohnung im Wert von 400.000 €. Er hat ferner ein Barvermögen von 20.000 €. Frau Clever besitzt nichts. Die beiden reisten viel.
Am 1.4.2018 trennt sich die Ehefrau. Auf seinen Konten sind noch 40.000 €. Herr Reich macht aus Enttäuschung eine Weltreise. Seinen erst 2016 gekauften Porsche 911 (Wert 75.000 €), den er nur für Ausflüge benutzte, schenkt er aus Dankbarkeit für den Zuspruch seinem Freund. Zurück in Deutschland reicht Herr Reich die Scheidung ein.
Bei Zugang des Scheidungsantrages im Dezember 2018 war seine Wohnung 620.000 € wert. Sein Barvermögen war durch die Reise auf 1.000 € gesunken.
Die Ehefrau besitzt weiter nichts.

1. Anfangsvermögen von Herrn Reich:
400.000 € Eigentumswohung
  20.000 € Barvermögen
420.000 € Summe

Indexierung:
Verbraucherpreisindex 5/2005 =92,2 und Dezember 2018 =112,5
420.000 x 112,5 ./. 92,2 = 512.472 €


2. Endvermögen von Herrn Reich:
620.000 € Eigentumswohung
   1.000 €  Barvermögen
621.000 €  Summe

(1) Porsche
Ein so kostspieliges Geschenk an einen guten Freund entspricht keiner sittlichen Pflicht. Auch wegen des Barvermögens bei Trennung von einem geringeren Wert als der Porsche (40.000 €) ist es als Maßnahme zu bewerten, die primär der Benachteiligung dient.

>> der Wert von 75.000 € ist dem Endvermögen zuzurechnen

(2) Weltreise
Da die Eheleute zusammen viel reisten, stellt die Reise an sich keine Maßnahme mit Benachteiligungsabsicht dar. In der Höhe ist sie jedoch unverhältnismäßig, da sie das gesamte Vermögen aufzehrt. Daher können nur 26.000 € (2/3) angesetzt werden. Denn jeder Dritte hätte sich einen Notgroschen für Eventualitäten bewahrt.

>> der Wert von 13.000 € ist dem Endvermögen zuzurechnen

Korrigiertes Endvermögen:
620.000 € Eigentumswohung
   1.000 €  Barvermögen
 75.000 €  Zurechnung Porsche 911
 13.000 €  Zurechnung Reise
709.000 €  Summe


3. Zugewinn von Herrn Reich:
Differenz Anfangs- und Endvermögen
512.472 € ./. 709.000 € = 196.528 €

4. Zugewinn von Frau Reich und Ausgleichspflicht
Frau Reich hat keinen Zugewinn erzielt, da Anfangs- und Endvermögen 0 € betragen.
Die Differenz zwischen dem Zugewinn von Herrn Reich (196.528 €) und Frau Reich (0 €) ist der Ausgleichsbetrag.

Das sind 98.264 € .
von 75.000 € ist dem Endvermögen zuzurechnen
Share by: